Weltkunst September 2021 - Larimar

Четверг, 02 сентября 2021

Weltkunst September 2021 - Larimar

 

Einem seltenen Edelstein widmen wir den Auftakt unserer neuen Kolumne PRÜFERS PREMIEREN. Der Münchner Goldschmied Thomas Jirgens kennt sich mit dem Larimar aus wie kein anderer.

Man verbindet Edelsteine gerne mit der Ewigkeit. Schon seit Millionen Jahren sind sie da, und sie werden noch in Millionen Jahren da sein, wenn wir alle längst zu Staub geworden sind. Dabei gibt es Schmucksteine, die der Menschheit erst seit Kurzem bekannt sind. Und die daher auch so selten sind, dass sich Diamanten dagegen wie Kieselsteine ausnehmen.

Ein solcher Stein ist der Larimar. Er wurde im Jahr 1974 von dem dominikanischen Goldschmied Miguel Méndez für das Schmuckhandwerk entdeckt. Er hatte von Funden blauer Steine an der Südküste der Karibikinsel Hispaniola gehört und sich dorthin auf die Suche gemacht. Erzählungen nach fand er die Schmucksteine am Strand. Der Handwerksmeister verarbeitete die Steine zu Geschmeide und benannte sie nach seiner Tochter Larissa und dem spanischen Wort für Meer – mar. Die Erscheinung des Larimars ist türkis-blau gewolkt, sodass er leicht mit dem Türkis verwechselt werden könnte. Dabei ist er eine blaue Variante des Pektolith und wird weltweit nur an einem einzigen Ort gefördert, in Hispaniola, der zweitgrößten Insel der Großen Antillen.

Kaum jemand beschäftigt sich mit dem Edelstein so intensiv wie der Goldschmiedemeister Thomas Jirgens. In seiner Münchner Schmuckwerkstatt verarbeitet er den Larimar zu Colliers, Ohrhängern und Ringen. Seit mehr als zwanzig Jahren betreibt er seine Juwelenschmiede mit dazugehörigem Showroom. »Die Schattierungen des Larimar reichen von reinstem Blau über Türkisnuancen bis hin zu intensiven Grün- und selbst Brauntönen«, lobt er. Alle Nuancen des Meeres seien in diesem Stein eingefangen. Tatsächlich sehen die besonderen Stücke, die Jirgens für seine Kundinnen auswählt, so aus, als spiegele sich die Sonne in sanftwogendem Karibikwasser. Das liegt daran, dass die intensiv meerblauen Farben durchzogen sind von sogenannten »Riñóns«, einem Netz aus feinen weißen Linien. Diese besondere Struktur ist dem rohen Larimar nicht anzusehen. Jeder Stein ist anders strukturiert.

Bei der Einschätzung hilft Jirgens sein gut geschultes Auge, denn er ist auch Gemmologe, und die Eigenheiten wertvoller Mineralien sind schon lange sein Spezialgebiet. Larimar ist auch deshalb so teuer, weil der Abbau extrem aufwendig ist. Der Stein wird unter Tage abgebaut in bis zu 300 Meter langen, sehr engen Schächten, die zum Teil nur in gebückter Haltung begehbar sind. Gearbeitet wird mühevoll von Hand mit Hammer, Meißel und Schaufel. Ob die aus den Wänden gehauenen Brocken wirklich den Kristall enthalten, kann man erst erkennen, wenn die graubraunen Steine aufgesägt werden. Auch das Schleifen ist anspruchsvoll, weil der Stein verschiedene Härtegrade hat. Dazu muss man dreidimensional denken und sehr präzise arbeiten. Was einmal abgetragen ist, ist unwiederbringlich verloren.

Die Larimare werden in der Dominikanischen Republik geschliffen, anschließend verschifft und schließlich in der Werkstatt von Jirgens verarbeitet. Dort entstehenSchmuckstücke, die allen Ansprüchen gerecht werden. Der Larimar hält nur ein Versprechen nicht, das seines marinen Namens. Denn der Larimar hat mit dem Meer nichts zu tun. Dass er am Strand gefunden wurde, lag nur daran, dass Bäche und Flüsse einst Bruchstücke aus den Bergen im Inselinneren dorthin getragen haben.

Tillmann Prüfer